Im tiefsten Winter bahnt sich am Rand einer Kleinstadt ein beklemmendes Ereignis an. Eine Menschenmenge hat sich eingefunden. Wir alle warten darauf, dass etwas passiert. Aber es passiert nichts…
Warten. Was machen wir hier?
Krähen scharen sich um uns. Rufen einander.
Aber nichts passiert. Zeit vergeht.
Wir warten alle.
Und dann… passiert es.
Ein Schuss.
Hektisches Flügelschlagen und aufgeschrecktes Krächzen.
Die Musiker spielen auf.
Die Menschenmenge löst sich langsam auf. Jeder kehrt in sein eigenes Leben zurück. Die Winterlandschaft ist wieder leer und totenstill.
Es scheint, als wurden wir zusammengerufen, um einem brutalen Akt beizuwohnen: dem Schauspiel des Sehens und gesehen Werdens.

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Directors: Michelle & Uri Kranot

Dänemark/Frankreich, 2017

Die erste Virtual-Reality-Produktion des Künstlers Jonathan Meese und seiner Mutter Brigitte Meese ist eine Reise ins Herz der Diktatur der Kunst. Im virtuellen Atelier des Künstlers erleben die Betrachter die Entstehung eines 360°-Gesamtkunstwerks der Zukunft: Der schlafende Künstler hat wunderbare, inspirierende Träume. Da betritt seine Mutter den Raum, bringt Kaffee und treibt ihn zum Malen an. Eine weitere Mutter Meese kommt hinzu, dann noch eine, dann noch eine… und der Künstler im Schaffensrausch malt, denn „Kunst ist einfach mal loslegen, und schon ist es geiler als Picasso“ (Jonathan Meese). Während Clouzots berühmter Film „Le mystère Picasso“ (1956) den kreativen Akt noch auf einer zweidimensionalen Fläche zeigt, sind die Betrachter hier mitten im Geschehen und treten in dessen Mysterium ein. Der weiße Atelier-Raum wird zur mehrdimensionalen Leinwand. Mehrere Mütter kommentieren, bewerten und provozieren eine Arbeit, die eine Reflexion über Alfred Hitchcock, Anthony Perkins, Richard Wagner und Joseph Beuys ist. Sie mündet in eine zwingende Erkenntnis: Jeder Mensch ist ein Künstler, zumindest unter dieser VR-Brille.

In einer mehrjährigen Kooperation erforschen ARTE und die Berliner Festspiele/Immersion gemeinsam mit Künstlern die Möglichkeiten und Grenzen der Medien Virtual Reality Experience und 360°-Film.

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Director: Jonathan Meese

Deutschland, 2018

„Google Tilt Brush“-Artist Tamiko Thiel hat eine wundersame Welt geschaffen, in der die sie bevölkernden Kreaturen nicht mehr durch Sprache oder Gesten, sondern durch „Cloud Mirrors“ kommunizieren. Sind wir heutzutage überhaupt noch in der Lage, einander wahrhaftig zu begegnen – ob in der virtuellen oder der realen Welt?

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Director: Tamiko Thiel

USA/Deutschland, 2017

Der musikalische Stil der französischen Künstlerin “Kinnie Lane” lehnt sich stark an die Popmusik der 80er an. Wiederholende Synthesizer-Patterns, gerade Schlagzeugrhythmen und viel Hall auf dem Gesang zeichnen diesen Stil aus. Mein Konzert für die Künstlerin soll sich deshalb an der Optik dieser Ära bedienen. Animationen mit analogen Grafik-Computern (Scanimate) und frühen, sehr rudimentären, digitalen Computern sind meine Inspiration für die Visuals des Konzerts. Diese Art der Darstellung ist gerade aktuell wieder im Trend, aber
in VR noch wenig verbreitet. Ich versuche mit meiner Arbeit, diesen visuellen Stil anfassbar und immersiv erlebbar zu machen.

In den frühen Computerspielen der 80er war die Fortbewegung von zentraler Bedeutung. Die Vorstellung, während eines Konzerts mit dem Künstler auf eine Reise zu gehen, fand ich von vornherein faszinierend. Leider sind Fortbewegungen, die nicht vom User selbst initiiert werden, in VR sehr kompliziert umzusetzen, da dies den Gleichgewichtssinn stört und zu Übelkeit führen kann. Wichtig sind deutliche Referenzpunkte, die sich ständig mit der Nutzer mitbewegen, um Orientierungslosigkeit vorzubeugen. In meinem Konzert ist dieser Referenzpunkt der Truck, auf dem man durch verschiedene Landschaften fährt. Die Künstlerin befindet sich auf dem Führerhaus und spielt für das Publikum auf der Ladefläche des Trucks.

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Director: Jörg Kahlhöfer

Hamburg, 2018

Zusammen bilden sie eine Serie „Geschichten aus Jerusalem“ („Jerusalem Stories“), ihre Episodentitel lauten „Glaube“ („Faith“), „Liebe“ („Love“), „Hoffnung“ („Hope“), „Angst“ („Angst“). Einmal („Glaube“) geht es um einen israelischen Stand-up-Comedian, der auf dem Zionsplatz mit aggressiven Zuschauern in einen bedrohlichen Zwist gerät. Ein anderes Mal („Liebe“) um eine junge Palästinenserin in einem Linienbus auf dem Weg vom Westjordanland über die Grenze nach Israel. Ein gleichaltriger Soldat holt sie am Checkpoint zum Verhör aus dem Fahrzeug zu einer bedeutungsvollen Unterredung im Schatten einer fünf Meter hohen Mauer. In einer weiteren Episode („Hoffnung“) verfolgt ein militärischer Scharfschütze, der sich über den Dächern der Altstadt positioniert hat, in den Gassen des Basars ein besonderes Ziel. Bis ihm ein göttliches Zeichen erscheint? Und in einer vierten Episode („Angst“) spukt ein unruhiger Geist durch die Ruinen jenes Gebäudes, das einmal das palästinensische Parlament werden sollte. Ist das etwa Jassir Arafat?
Durch den Einsatz der speziellen 360°/VR-Technik in 3D ist der Zuschauer direkt vor Ort, wird einbezogen, auch angesprochen, angespielt. Die außergewöhnliche Stadt Jerusalem kann so durch starke Erlebnisse einmal anders kennengelernt werden, unmittelbarer, immersiver.

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Director: Dani Levy

Deutschland, 2018

Das gaengeVRtl erlaubt es dem Nutzer, eine virtuelle Variante des Hamburger Gängeviertels zu entdecken. Mithilfe von Photogrammetrie haben wir Teile des Viertels digitalisiert und
auf Basis dessen eine impressionistische Darstellung dieses faszinierenden Stadtteils geschaffen.

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Director: Sven Freiberg

Hamburg, 2018

„Im Anfang war das Wort, und das Wort war bei Gott, und Gott war das Wort.“ (Joh 1,1)
„Book Of A Hundred Ghosts“ ist eine chinesische Parabel in der Form eines virtuellen Tableaus. Sie erzählt die Geschichte eines untergegangenen Landes als Buch, aus dem Worte und Zeichen auf die Erde fallen, die Ehrfurcht, Angst, Schmerz und Lust schüren.
Die fallenden Worte, von denen jedes einzigartig ist, bestehen aus Zeichen, die jeweils nur einmal vorkommen in den „Gesprächen des Konfuzius“ und der Verfassung der Volksrepublik China, den beiden „Urtexten“, die den vermeintlichen moralischen und politischen Kompass Chinas bilden.

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Director: Ip Yuk-Yiu

China 2018

Vaysha ist anders als die anderen Mädchen: mit ihrem linken Auge sieht sie die Vergangenheit und mit ihrem rechten die Zukunft. Wie mit einem furchtbaren Fluch belegt kann sie so nicht an der Gegenwart teilhaben. Geblendet von dem, was war, und gequält davon, was sein wird, verharrt sie gefangen zwischen zwei unvereinbaren Zeiträumen.
Diese Parabel über zeitlose Weisheit und Schönheit basiert auf der gleichnamigen Kurzgeschichte von Georgi Gospodinov. Filmemacher Theodore Ushev will uns mit ihr daran erinnern, wie wichtig es ist, den gegenwärtigen Moment nicht aus den Augen zu verlieren.

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Director: Theodore Ushev

Kanada, 2017