Henning Westerwelle: UNHOME Apart from Society
Deutschland, 2024
Dauer: 20 min
Sprache: Deutsch
© Curious Company GmbH, GoBanyo gGmbH

Obdachlosigkeit ist mehr als das Fehlen eines Zuhauses – sie ist ein Kreislauf aus Isolation, Überlebenskampf und strukturellen Hürden.
UNHOME ist eine 20-minütige VR-Erfahrung, die die Spielenden mitten in diese Realität versetzt. Aus der Ich-Perspektive erleben sie die Herausforderungen des Lebens auf der Straße. Durch interaktive Entscheidungsmomente und das emotionale Gewicht jeder Wahl eröffnet sich ein tieferes Verständnis für die komplexen Zusammenhänge von Obdachlosigkeit.

Das Spiel ist in vier Kapitel unterteilt, die sich über verschiedene Jahreszeiten und Tageszeiten erstrecken – jedes einzelne macht die Unsicherheiten und Härten sichtbar, die das Leben auf der Straße prägen. Die Spielenden werden mit schwierigen Entscheidungen konfrontiert: Soll man nach einem Schlafplatz suchen, etwas zu essen finden oder sich in gefährlichen Situationen verteidigen? Zwar beeinflussen ihre Handlungen den Verlauf der Geschichte, doch eine zentrale Wahrheit bleibt bestehen: Der Weg aus der Obdachlosigkeit hängt nicht allein von individuellen Entscheidungen ab, sondern von einem strukturellen System, das Wiedereingliederung oft nahezu unmöglich macht.

UNHOME basiert auf realen Erfahrungsberichten und wurde in enger Zusammenarbeit mit GoBanyo entwickelt – einer gemeinnützigen Organisation, die sich für obdachlose Menschen einsetzt. Bekannt wurde GoBanyo vor allem durch seinen mobilen Duschbus und seine engagierte Aufklärungsarbeit. Ihre Expertise war zentral, um eine authentische und respektvolle Darstellung sicherzustellen.

UNHOME ist derzeit im Rahmen von Workshops und Veranstaltungen erlebbar. Eine Veröffentlichung im Meta Quest Store ist für 2025 geplant. Durch die breite Zugänglichkeit soll die Erfahrung das Thema Obdachlosigkeit in Klassenzimmer, Konferenzen und Gesellschaftsräume tragen – und neue Perspektiven eröffnen.


Dennis Reinmüller: Validation
Deutschland, 2025
Dauer: 10 min
Sprache: Englisch
© Doppel Real GbR

Validation ist eine dunkle Komödie, die sich mit den Machtverhältnissen in einer fiktiven Zukunft auseinandersetzt, in der die Visualisierung von Erinnerungen zur Realität geworden ist. In dieser vom fortgeschrittenen Spätkapitalismus geprägten Welt sind Erinnerungen nicht mehr privat, sondern werden kommerzialisiert und gehandelt.

Brand neu in unserem Job werden wir direkt zu einem Tatort gerufen. Unser Arbeitgeber MEMport, eine Art totalitäres Smithsonian Institut, das die Verbreitung staatlich genehmigter Erinnerungen übersieht und streng kontrolliert, ist daran gelegen, den Gedächtnisraum eines Mordes zu säubern und zu validieren. Über unser Echo-Graph-Interface untersuchen wir die aufgezeichneten Log-Einträge unsere Vorgängerin, deren Aufnahmen sich wie Risse im System über den Tatort legen – eingebranntes Flickern durchzieht die surreale Szene, als ob die Realität selbst ins Wanken gerät; als wären wir versehentlich in einen Backroom abgerutscht, in dem auf einem alten Fernseher endlose Wiederholung flüchtiger Bilder spielen. Bei der Auswertung der Resonanzdaten stoßen wir auf Fragmente eines verborgenen Widerstands, der die offizielle Deutungshoheit infrage stellen.

Unterstützt von der MOIN Filmförderung ist der Abschluss des finalen Prototyps für November 2025 geplant.


TÒ SU / Martina Mahlknecht & Martin Prinoth: Below Deck
Deutschland/Italien, 2024
Dauer: 23 min
Sprache: Englisch
© TÒ SU

Eigentlich sollten wir gar nicht hier sein. Im Bauch eines Passagierschiffs, bei der philippinischen Crew, die gerade ein Theaterstück probt. Millionen Filipin@s arbeiten auf Frachtschiffen und Kreuzfahrtriesen. Gelesen hat man das schon mal – gesehen? Kaum. Nicht einmal in den Kreuzfahrthäfen dieser Welt: Venedig, Hamburg, Amsterdam oder Miami, wo sie regelmäßig ankommen, das Schiff oder die Ladung wechseln oder – wie während der Pandemie – monatelang festsitzen. Wir gehören aufs Sonnendeck. Handtücher, Flip-Flops, territorial ausgebreitet. S- und A-Klasse. Kate und Leonardo. Oder besser: Kate – und weiter unten, Richtung Maschinenraum – das Personal. Die ewige Weltordnung der Titanic.

Mehr als ein Drittel der weltweiten Crew-Mitglieder stammt von den Philippinen – sie leben und arbeiten monatelang unter Deck, ohne freien Tag. Als beobachtende:r Gast eines skurrilen Probenmoments dieser Crew-Show findet man sich in einem Lynch-haften Szenario wieder, irgendwo zwischen heimlich Eingeladener und Voyeur. Was bleibt, ist die Frage: Sollten wir nicht doch den Blick hinter den Vorhang riskieren, um zu sehen, was unserem Wahrnehmen sonst verborgen bleibt?


 

Wiktor Filip Gacparski, Line Hoven: Scratching the Surface
Deutschland, 2025
Dauer: 5 min
Sprache: Englisch
© Open Matter Studio, Heimspiel GmbH

Die ortsbasierte XR-Experience Scratching the Surface lädt das Publikum ein in die kreative Welt der renommierten Illustratorin Line Hoven, deren detailreiche Schabkartonarbeiten entstehen, indem sie Licht aus der Dunkelheit herauskratzt.

Im Zentrum der Erzählung steht Hovens Begegnung mit ARCHIE – einer experimentellen KI, die darauf trainiert wurde, ihre künstlerischen Impulse zu spiegeln und herauszufordern. Wenn Hovens analoge Praxis auf maschinelle Intelligenz trifft, entfaltet sich Scratching the Surface als ein vielschichtiges Nachdenken über Autorschaft, Kontrolle und den sich wandelnden Begriff von Kreativität im Zeitalter künstlicher Intelligenz.

Das Publikum taucht zunächst per cineastischem VR-Erlebnis in Hovens reales Atelier ein und betritt anschließend neu interpretierte 3D-Landschaften, die auf ihren Originalillustrationen basieren. Geführt von ARCHIEs sich verändernder Präsenz, wird der Weg durch diese Welten zu einem Dialog zwischen menschlicher Imagination und maschineller Logik – und verwandelt die Zuschauer:innen von passiven Betrachtenden in aktive Mitgestalter:innen.

Scratching the Surface ist eine Reflexion über Verletzlichkeit, Transformation und das fließende Verhältnis zwischen traditionellem Handwerk und digitaler Innovation. Durch die Verknüpfung von Hovens persönlicher Geschichte mit einer partizipativen Erfahrung stellt das Projekt die Frage, wie sich Erzählformen – und die Rolle von Künstler:innen – in einer sich rasant wandelnden Welt neu denken lassen.


 

Lui Avallos: Queer Utopia: Act I Cruising
Portugal/Brasilien, 2023
Dauer: 25 min
Sprache: Englisch/Portugiesisch
© Mundivagante Studio, Lui Avallos

 

In der stillen Intimität seines Wohnzimmers macht ein pensionierter Dramatiker dem Publikum ein tief empfundenes Geständnis. Mit nostalgischer Zärtlichkeit spricht er, als würde er sich an eine längst verlorene Freundschaft wenden: Er verliert seine Erinnerungen. Was als persönliche Offenbarung beginnt, entfaltet sich zu einer Einladung – zu einer zutiefst berührenden Reise, auf der er versucht, die Bruchstücke seiner schwindenden Vergangenheit zu bewahren und neu zu ordnen.

Queer Utopia: Act I Cruising ist inspiriert von den Lebensgeschichten queerer Männer über 60 – Biografien, die oft ungehört bleiben. Die immersive und interaktive Erzählung lädt das Publikum ein, den intimsten, vielschichtigen und mitunter widersprüchlichen Erinnerungen des Protagonisten zu begegnen, bevor sie endgültig verblassen.

Mit der expressiven Sprache des Theaters und einer einzigartigen visuellen Ästhetik aus flüchtigen, partikelförmigen Körpern entsteht ein poetisches Mosaik der Erinnerung. Die flimmernden, performativen Momente entfalten sich in traumähnlichen Räumen, die zwischen Realität und Imagination schweben.

Verwoben in diese persönliche Erzählung ist ein generationenübergreifender Blick auf den Kampf für LGBTQIA+-Rechte – ein Geflecht aus Erinnerung, Identität und spekulativer Zukunft. Durch den Blick zurück gelingt nicht nur eine Bewahrung des Verlorengehenden, sondern auch die Vision einer inklusiveren, queeren Utopie.